Exorzismus
Aus Daimon
Im Alten Testament findet sich der Begriff Exorzismus (griech. exorkismós „das Hinausbeschwören”) zweimal.[1] Exorzismus bezeichnet dort nicht die Vertreibung eines Dämons, sondern die Beschwörung im Namen Gottes etwas zu tun oder die Wahrheit zu sagen. Im Neuen Testament ist die Austreibung der Dämonen ein exorzistischer Auftrag von Jesu an seine Apostel: "Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen."[2] Die im Neuen Testament im 17. Kapitel des Matthäus-Evangeliums geschilderte Heilung des mondsüchtigen, d.h. an Epilepsie erkrankten Sohnes ist Motiv zahlreicher künstlerischer Darstellungen und findet sich u.a. in Miniaturen, bei Raffael, Rubens oder Déodat Delmont.
Seit dem Konzil in Trient gibt es ein allgemein gültiges Ritual für den Exorzismus. Es wurde 1614 als Abschnitt 12 des Rituale Romanum veröffentlicht und ist mit geringfügigen Änderungen bis heute gültig. Seit damals ist der Exorzismus Priestern vorbehalten, die einen Auftrag des Bischofs erhalten. Vor dem 17. Jh. sind Teufelsaustreibungen durch Frauen überliefert, etwa durch Katharina von Siena oder Hildegard von Bingen.
Die wichtigsten Merkmale einer Besessenheit, die nach Ansicht der katholischen Kirche einen Exorzsimus notwendig machen, sind: "Wenn einer ausführlich eine ihm unbekannte Sprache spricht oder einen versteht, der in einer solchen redet; (...) wenn er Entferntes oder Verborgenes kundtut; (...) eine Kraft aufweist, die über sein Alter und seinen Zustand hinausgeht."[3] Zur Austreibung der Dämonen wird eine im Original lateinische Exorzismusformel gesprochen: "Ich beschwöre dich, Satan, Feind des menschlichen Heils, erkenne die Gerechtigkeit und Güte Gottes, des Vaters, der deinen Hochmut und deinen Neid durch gerechtes Urteil verdammt hat: Weiche von diesem Diener (dieser Dienerin) Gottes, N., den (die) der Herr nach seinem Bild geschaffen, mit seinen Gaben beschenkt und als Sohn (Tochter) seiner Barmherzigkeit angenommen hat."[4]
Der im deutschsprachigen Raum bekannteste Exorzismus wurde 1975-1976 an der Studentin Anneliese Michel (1952-1976) vorgenommen. Michel erhielt das Medikament Tegretol gegen Epilepsie, das zahlreiche Nebenwirkungen, die der Besessenheit zugeschrieben wurden, hervorrief. Im Zuge der heftigen Kritik schlug die deutsche Bischofskonferenz 1984 vor, den Exorzismus in "Liturgie zur Befreiung des Bösen" umzubenennen. Neben Epilepsie sind meist Hysterie oder Tourette-Syndrom, das mit Tics und Koprolalie einhergeht, die krankheitsbedingte Ursache für die Fehldiagnose von Besessenheit.
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Genesis 24,3 und Buch der Könige 22,16.
- ↑ Vgl. Mt. 10,1; weiters Mt 10,8; Mk 3,14-15; 6,7.13; Lk 9,1; 10,17.18-20)
- ↑ Ecclesia catholica. Der Exorzismus der Katholischen Kirche. Authentischer lateinischer Text nach der von Papst Pius XII. erweiterten und genehmigten Fassung mit deutscher Übersetzung, Stein am Rhein 2005, S. 25f.
- ↑ Zit. n. Alexandra v. Teuffenbach, Der Exorzismus, Augsburg 2007, S 52. Orig.: Rituale Romanum ex decreto Sacrosancti Oecumenici Concilii Vaticani II instauratum auctoritate Ioannis Pauli PP. II promulgatum De Exorcismus et Supplicationibus quibusdam, editio typica emendata, Città del Vaticano 2004.
Weblinks
Anneliese Michel, Tonaufnahmen vom Exorzismus, Aussagen der Dämonen, Lebenslauf von Anneliese Michel
Hintergründe zum Exorzismus an Anneliese Michel aus kirchenkritischer Sicht Exorzismus und römisch-katholische Kirche
Maureen A. Tilley, Exorcism in North Africa: Localizing the (Un)holy
Literatur
Adolf Rodewyk, Die dämonische Besessenheit in der Sicht des Rituale Romanum, Aschaffenburg 1963.
Gabriel Amorth, Exorzisten und Psychiater, Stein am Rhein 2002.