Eudämonologie

Aus Daimon

(Weitergeleitet von Schopenhauer, Arthur)

In Aphorismen zur Lebensweisheit (1851) prägt Arthur Schopenhauer den Begriff Eudämonologie. Im Unterschied zu seinem Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung (1819) definiert er Glück weniger als Abwesenheit von Unglück, vielmehr als alltagstaugliche und amüsante, dem Buddhismus verpflichtete Einstellung, das Leben in radikal durchdachter Reduktion zu führen. Im Kontext von Ökonomie und Konsum, Debords Gesellschaft des Spektakels oder narzisstischen Ritualen sozialer Medien aktualisiert sich Schopenhauers Eudämonologie.

"Ich nehme den Begriff der Lebensweisheit hier gänzlich im immanenten Sinne, nämlich in dem der Kunst, das Leben möglichst angenehm und glücklich durchzuführen, die Anleitung zu welcher auch Eudämonologie genannt werden könnte: sie wäre demnach die Anweisung zu einem glücklichen Dasein. Dieses nun wieder ließe sich allenfalls definieren als ein solches, welches, rein objektiv betrachtet, oder vielmehr (da es hier auf ein subjektives Urtheil ankommt) bei kalter und reiflicher Überlegung, dem Nichtseyn entschieden vorzuziehen wäre. Aus diesem Begriffe desselben folgt, daß wir daran hingen, seiner selbst wegen, nicht aber bloß aus Furcht vor dem Tode; und hieraus wieder, daß wir es von endloser Dauer sehn möchten. Ob nun das menschliche Leben dem Begriff eines solchen Daseyns entspreche, oder auch nur entsprechen könne, ist eine Frage, welche bekanntlich meine Philosophie verneint; während die Eudämonologie die Bejahung derselben voraussetzt. Diese nämlich beruht eben auf dem angeborenen Irrthum, dessen Rüge das 49. Kapitel im 2. Bande meines Hauptwerks eröffnet. Um eine solche dennoch ausarbeiten zu können, habe ich daher gänzlich abgehen müssen von dem höheren, metaphysischem Standpunkte, zu welchem meine eigentliche Philosophie hinleitet. Folglich beruht die ganze hier zu gebende Auseinandersetzung gewissermaaßen auf einer Ackommodation, sofern sie nämlich auf dem gewöhnlichen, empirischen Standpunkte bleibt und dessen Irrthum festhält. Demnach kann auch ihr Werth nur ein bedingter seyn, da selbst das Wort Eudämonologie nur ein Euphemismus ist."[1]

Einzelnachweise

  1. Arthur Schopenhauer, Aphorismus zur Lebensweisheit, Einleitung, S. 353f.