Populismus

Aus Daimon

(pch) In Eurem Sinn entscheiden titelten im Herbst 2016 Wahlplakate auf Österreichs Straßen; Populismus pur. Wer da nicht sofort liest Es Euch allen recht machen und nicht zugleich denkt, dass das mindestens so schwierig wie unmöglich ist, dem ist nicht mehr zu helfen. ­In der Praxis ist die Aussage wie versprochen so gebrochen; an der Vielheit der Interessen zum Scheitern verurteilt, sobald mit Euch mehr als nur eine Schar dem selben Gott huldigende Auserwählte gemeint sein soll.

Dabei schwingt im Begriff Vieles mit. Den Populismus kennzeichnet das Beispiel als eine Art der Demokratie, als die Verschmelzung von Volk und Herrschaft. Die Regierung sei unmittelbarer Ausdruck des Volkswillens. Es gebe keinen Unterschied zwischen dem, was gut ist für das Kollektiv und dem, was gut ist für das Individuum. Das klingt sehr nach Anarchistentum, ein wenig nach Oktoberrevolution, jedenfalls nach Selbstermächtigung, danach sich nicht mehr von einer herrschenden Klasse gängeln zu lassen, zu guter Letzt nach der Frucht der Arbeit von Jahrzehnten antiautoritärer Bildung oder Erziehung.

In aller Konsequenz braucht es im Populismus nicht einmal mehr die Politik, weil es nichts zum Streiten gibt und folglich auch niemanden, der vermitteln müsste. Im Hintergrund mag man sich zwar nach Belieben eine Unsichtbare Hand denken, die es so richtet, dass die ausgelobte Identität im Inneren sich quasi von selbst verwirklicht; Genau so gut allerdings wie man fragen kann, ob es den Populismus in einem Staat überhaupt je geben wird können, der eine Art der Demokratie bleibt. Derweil dem noch nicht so ist dürfen populistische Politiker und Politikerinnen das Repertoire des Dämonischen zur Gänze ausschöpfen ohne sich viel über Theorie den Kopf zu zerbrechen: Ganz althergebracht, sofern sie über die nötigen Mehrheiten in den entsprechenden Gremien verfügen, als Repräsentanten des Volkes — über dessen Nichtidentität hinweg — Entscheidungen treffen, die nicht in aller Sinne sind und, auch ohne diese Mehrheiten, allen den ihren und denen die es noch werden könnten allerhand einflüstern, wonach ihnen der Sinn denn stehe.

So malt der gegenwärtige Populismus ein neues Berufsbild des Politikers — halb Dämon, halb Künstler, weit mehr denn bloßer Umsetzer eines Fünfjahresplans: Unberechenbar eigensinnig, kontrovers verspielt, Tabus brechend Aufmerksamkeit erregend, rebellisch konservativ, hinterhältig ehrlich, in sich widersprüchlich tatsächliche wie scheinbare Widersprüche aufzeigend. Experimente dieser Art gingen bereits mehrere schief, der Preis stets hoch, das Verlangen danach scheints neu erstarkt — wie auch immer angebracht.