Vernunft

Aus Daimon

Vernunfft ist dess Teuffels Hur.

Martin Luther


Francisco de Goya, Der Schlaf/Traum der Vernunft bringt Ungeheuer hervor (Los Caprichos, Bl. 43), 1797/98, Radierung und Aquatinta, 21,6 x 15,2 cm, Museo Nacional del Prado, Madrid

In Dantes Göttlicher Komödie wird der Teufel als Logiker bestimmt, der jeder Seele einen Platz in der Hölle zuweist. In Abwandlung zu Dantes Teufel als kühler Rechner und Vollstrecker wird der Teufel bei Heinrich Heine ein "Repräsentant der menschlichen Vernunft" und ein Vertreter der Aufklärung. Er bildet eine "Allianz aus Sinnlichkeit und Vernunft" und steht für die Loslösung vom christlichen Spiritualismus und für eine Hinwendung zum Sensualismus. "Der Teufel ist ein Logiker. Er ist nicht bloß der Repräsentant der weltlichen Herrlichkeit, der Sinnenfreude, des Fleisches, er ist auch Repräsentant der menschlichen Vernunft, eben weil diese alle Rechte der Materie vindizirt; und er bildet somit den Gegensatz zu Christus, der nicht bloß den Geist, die ascetische Entsinnlichung, das himmlische Heil, sondern auch den Glauben repräsentiert. Der Teufel glaubt nicht, er stützt sich nicht blindlings auf fremde Autoritäten, er will vielmehr dem eignen Denken vertrauen, er macht Gebrauch von der Vernunft! Dieses ist nun freylich etwas Entsetzliches, und mit Recht hat die römisch-katholisch-apostolische Kirche das Selbstdenken als Teufeley verdammt und den Teufel, den Repräsentanten der Vernunft, für den Vater der Lüge erklärt."[1]


Einzelnachweise

  1. Heinrich Heine, Elementargeister, Stuttgart 2013, S. 52.