Bruno, Giordano

Aus Daimon

Giordano Bruno entwickelte eine psychologische Theorie des Bewusstseins, in der sinnliche Wahrnehmung, Vorstellungskraft und Erkenntnis zusammenwirken. In "De magia" (um 1586) und "De vinculis in genere" (1591) beschäftigt er sich vor dem Hintergrund der aristotelischen Erkenntnistheorie, wie sich Physik und Metaphysik, Natur und Geist für das Erkenntnissubjekt darstellen. Die platonischen Dämonen fungieren dabei als Wächter und Bewohner der Gestirne. Sie fließen in die Elemente ein, diese in das "Vermischte" und dieses wiederum in die Vernunft und den Geist und weiter in alles Belebte. Die Dämonen werden in Analogie zu den neun Musen der griechischen Mythologie von neun Magiern beherrscht, die über drei Arten der Magie - metaphysische, physische und mathematische - verfügen. Die Dämonen senden Träume, Stimmen und Gedanken, die mittels zwanzig verschiedener Bannkräfte eingefangen werden können: "Die Bannkraft ist die Fessel, die Ordnung, der große Dämon, durch den alles bezwungen wird." Als höchste universelle Bannkraft gilt für Bruno die Phantasie, sie ist die Bannkraft aller Bannkräfte.

Der rumänische Kulturhistoriker Ioan Peter Culianu beschreibt Brunos praktische Magie als eine Kunst des Bezauberns und setzt sie mit der massenpsychologische Bedeutung Macchiavellis „Il Principe“ gleich.[1] Nach Culiano kommt Brunos Schrift „De vinculis in genere“ eine herausragender Stellung unter den Theorien der Massenmanipulation zu. Während Gustave LeBon Sigmund Freuds psychologische Mechanismen sozialer Massen analysierte, wollte Bruno Massen durch Magie kontrollieren. Nicht die Masse war der Dämon, sondern die Masse sollte durch Dämonen beeinflussbar und manipulierbar gemacht werden. Nach Culianu funktioniert Propaganda heute nicht nach Macchiavellis “Principe", sondern nach Brunos Methoden in „De vinculis in genere“. Sie verfolgt weniger Techniken der Führung als der Verführung. Die ganze Macht der Magie gründet sich bei Bruno auf Eros. Durch Eros verwandelt sich die Natur in eine große Zauberin und wer dies zu nutzen versteht, kann alle und alles verzaubern. Magier, die die Massen faszinieren wollen, müssen folglich subtil vorgehen und nach Culianu anders wie die Sowjetpropaganda handeln. Denn Verzauberung baut bei Bruno auf ein vollständiges Wissen über die Wünsche der Menschen auf und Eros liefert hierfür das wichtigste "Zauberband": vinculum summum, praecipium et generalissimum. Deshalb bezeichnet Giordano Bruno vergleichbar den Platonikern Eros als daemon magnus.

Einzelnachweise

  1. Ioan Peter Culianu, Eros und Magie in der Renaissance, Frankfurt a. M. und Leipzig 2001